
Leben ohne Auto – Ein Selbstversuch
Inhalt
Abschied von einem treuen Begleiter
Wir hatten viele schöne gemeinsame Kilometer und Stunden.
Ich weiss noch, wie ich dich abholte. Wie wir nachts aus dem regnerischen Deutschland Richtung Süden fuhren. Wie wir uns früh um vier in Südfrankreich durch den Nebel tasteten und schliesslich auf einem Rastplatz halten mussten. Ich legte mich hinter, zwischen Körbe voller Leckereien, die ich von zu Hause mitgebracht hatte. Ich schaltete die Standheizung an, streckte die Beine aus und öffnete ein Ahornberger Landbier mit Schnappverschluss. Das Lieblingsbier meines Vaters. Er hatte mir einen Kasten mit auf die Reise gegeben.
Viele Jahre waren wir zusammen unterwegs. In den Bergen der Sierra Nevada hieltest du den Schnee und die Kälte draussen, während ich drinnen im Warmen gemütlich las und ab und zu durch deine grossen Fenster nach draussen sah. Bei strömendem Regen warst du meine trockene Hütte am Ufer des Guadalhorce-Stausees. Wir sassen drinnen und hörten die Tropfen auf dein Blechdach prasseln, während wir die menschenleere regnerische Idylle genossen.
Das letzte Mal waren wir zusammen in Bolonia – Tarifa. Dort schaukeltest du uns bei Windböen von 40kmh in den Schlaf.
Du warst immer ein treuer Gefährte. Möge dich dein zukünftiger Weg noch über viele glückliche Kilometer führen!
Leben ohne Auto – Mein Warum
Einige meiner monatlichen Fixkosten:
Auto, Motorrad, iPhone, Internet, Miete, Strom, Wasser, Gas. Dazu kommen die Unterhaltskosten für Auto und Motorrad wie: ITV (TÜV), Versicherung, Steuern, Reparaturen, Sprit.
Mein Monatseinkommen ist im Vergleich zu anderen (Bekannte), die mit der Hälfte (gut!) leben, nicht schlecht. Trotzdem kam ich gerade so über den Monat. Ein Zustand, den ich so nicht länger hinnehmen wollte. Ständige Erbsenzählerei und kein finanzieller Spielraum. So ging das nicht weiter.
Irgendein Kostenverursacher musste dran glauben!
Mein Vito hatte schon einige Jahre auf dem alten Blechbuckel. Bald würde ich keinen Cent mehr dafür bekommen. Im Gegenteil hätte ich noch die Verschrottung zu bezahlen. Also entschied ich mich, ihn zu opfern. Ich hängte ein Verkaufsschild hinter die Scheibe. Noch am selben Tag meldete sich ein potenzieller Käufer. Ich überlegte nicht lange und schlug ein. Gestern erledigten wir die Umschreibung. Seit gestern lebe ich ohne Auto!
Leben ohne Auto – Mein Warum – Hier einige Gründe die mich zu diesem Schritt veranlassten:
- Weniger monatliche Fixkosten. Dafür mehr finanzieller Spielraum.
- Kein Stress mehr durch nervigen TÜV, Reparaturen, Versicherungen und Steuerbescheide.
- Weniger materieller Ballast in meinem Leben, dem ich meine Aufmerksamkeit widmen muss. Dafür mehr Raum für Dinge, die mich wirklich weiterbringen.
Ein Selbstversuch auf dem Weg
Ich befinde mich auf dem Weg. Du befindest dich auf dem Weg. Dieser führt gelegentlich an Kreuzungen und durch undurchsichtige Pfade. An den Schildern steht nicht: Hier gehts nach Richtig oder hier gehts nach Falsch. Man kann einiges erahnen, aber nicht alles wissen.
Alles, was du im Blog liest sind Herzensangelegenheiten. Was ich hier schreibe, bewegt mich. Ich möchte mehr finanzielle Freiheit erreichen. Deshalb verkaufe ich mein Auto. Ich schreibe darüber. Indem du diese Zeilen liest, siehst du meine Fortschritte oder Rücktritte auf meinem Weg. Das kann dich inspirieren für deinen eigenen Weg.
La vida es breve – Das Leben ist kurz! Es ist zu kurz für unentschlossenes Handeln.
Ein Leitsatz den ich nicht nur gerne predige, sondern nachdem ich auch lebe.
Ich entschloss mich, das Auto zu verkaufen. Obwohl ich einer war, der dachte, dass er sein Auto zum Leben brauche. Es ist ein Selbstversuch, den ich nicht bereuen werde.
Glaubenssätze vs. mehr Freiheit durch Verzicht aufs Auto
Sechs Glaubenssätze, die uns am Statussymbol Auto haften lassen, wie die Schmeissfliege auf dem Kuhfladen:
Vor einigen Jahren noch wäre mir ein Leben ohne Auto unmöglich erschienen.
Ich dachte:
- Ich brauche mein Auto, um auf Arbeit zu gelangen.
- Ich brauche mein Auto, für Ausflüge und um in den Urlaub zu fahren.
- Ich brauche mein Auto, für den Fall, dass es regnet.
- Ich brauche mein Auto, weil alle ein Auto haben.
- Ich brauche mein Auto, denn es gibt mir ein Stück Freiheit.
- Ich brauche mein Auto, denn: Ohne Auto kann ich nicht leben.
Ist ein Verzicht aufs Auto nur mit Verlust verbunden? Oder gibt es auch positive Seiten? Hier sechs Vorteile, die ein Leben ohne Auto mit sich bringt:
- Weniger Fixkosten wie: Versicherung, Steuern, Reparaturkosten, ITV (TÜV), Sprit. Dadurch mehr finanzieller Spielraum.
- Kein Stress im Stau. (Hab ich zwar noch mit dem Motorrad, damit bin ich aber schneller durch ;))
- Ohne Auto bekommst du automatisch Lust, wieder mehr Fahrrad zu fahren. Das ist gut für deine Gesundheit.
- Du wirst bei Partys nicht mehr gefragt, ob du mit deinem Auto fahren kannst. Zugegebenermassen ein etwas egoistischer Pluspunkt. Dennoch ein Vorteil.
- Du verschwendest keine Zeit, Nerven und keinen Sprit mehr bei der Parkplatzsuche.
- Du schonst die Umwelt.
Wie wird mein Leben ohne Auto aussehen
Als Fortbewegungsmittel besitze ich noch mein Motorrad und das Fahrrad. Ansonsten nutze ich öffentliche Verkehrsmittel.
Meine Freundin besitzt ein Auto. Wenn wir zusammen irgendwo hinwollen, fahren wir mit meinem Motorrad oder nutzen ihr Fahrzeug. Ein Auto „in der Familie“ ist völlig ausreichend.
Den gewonnenen finanziellen Spielraum werde ich nutzen, um:
- Zu sparen.
- Für Kurse, Weiterbildung und andere Investitionen, die mich persönlich weiterbringen.
- Ein gemütliches Essen oder einen Ausflug mit meiner Freundin. Denn Momente zählen mehr, als materielle Dinge.
- Reisen.
- Unternehmungen mit Freunden.
In Momente zu investieren scheint mir sinnvoller, als in materielle Dinge. Gelebte Momente (in Gesellschaft oder allein) sind unsterblich. Gekaufte materielle Dinge hingegen verlieren (in den meisten Fällen) an Wert. Wir werden sie sowieso irgendwann zurücklassen müssen.
Fazit
Auto ist Statussymbol und Luxusartikel. Wir denken, dass wir es brauchen. Wenn wir aber mal ehrlich sind, geht es auch ohne. Ich war und bin ein Auto und Motorrad-Freak. Auf dem Weg zu weniger materiellem Ballast und mehr finanzieller Freiheit entschloss ich mich, einen Selbstversuch zu wagen, Prioritäten zu setzen und auf das Auto zu verzichten. Wenn es regnet, werde ich nun nass ;)
Die erste Zeit wird sicher eine Umstellung. Alte Glaubenssätze, die mich am Auto festhalten liessen, unterliegen jedoch den positiven Aspekten, die ich durch den Verzicht habe.
Schon jetzt kann ich sagen, dass es, auch wenn der Abschied nicht leicht fiel, im Moment ein befreiendes Gefühl ist, diesen Schritt getan zu haben.
Was meinst du? Kannst du dir ein Leben ohne Auto vorstellen? Wenn du wissen willst, ob ich mein Leben ohne Auto durchhalte oder ob ich rückfällig werde, trag dich einfach in den kostenlosen Newsletter ein.
Mike, ich habe das auch schon gemacht. (Ebenfalls ein Mercedes.) Und ich sage dir, es funktioniert. Und ich lebe sozusagen auf dem ‚Land‘.
Bei mir war der Grund, zusätzliche finanzielle Rücklagen zu haben (und natürlich weniger Unterhaltskosten) — für eventuelle Trockenperioden. Es war ein Tausch, besser eine Entscheidung. was mir wichtiger war. Mobilität oder Liquidität. Das heißt, in dem Moment war ich ohne Auto freier…
aber manchmal auch verärgert, wenn ich schnell mal meine Einkäufe erledigen wollte.
Hi Lutz,
Auf dem Land ist das natürlich noch was anderes. Ich lebe in der Stadt und habe ja auch noch das Motorrad. Ein materieller (Kosten verursachender) Klotz am Bein weniger, war mir im Moment wichtiger, als das Auto vor der Tür. Erstmal Prioritäten setzen und handeln. Der Rest ergibt sich. Ich hoffe du hast jemanden gefunden, der dir die Einkäufe mitbringt ;)
saludos,
Mike
Ein Auto besitze ich seit 02/2012 nicht mehr.
Ich komme spielend mit dem Rad zur Arbeit (einfache Strecke 10km)
Wenn es regnet, muss man nicht nass werden. Es gibt Kleidung, die das verhindert.
Ich mache Ausflüge mit dem Rad. Und wenn ich nach Spanien möchte, nehme ich Umweltsünder das Flugzeug.
Ich kann bestens ohne Auto leben. Selbst die Einkäufe für eine 4köpfige Familie sind kein Problem. Es gibt Rucksack und Seitentasche.
Und: Ich bin frei auf dem Rad. Ich staune immer wieder, wie leicht man in einen „flow“-Zustand kommt beim Radeln und gar nicht merkt, wie die Kilometer dahinfliegen.
Noch ein Vorteil: Ich habe in kürzester Zeit 10kg abgenommen und halte das Gewicht seitdem auch ohne Anstrengung.
Ich bedaure jeden, der es nicht zumindest einmal versucht.
Wow, täglich 10km mit dem Fahrrad zur Arbeit. Dann bist du gut in Form!
Mit der Regenkleidung bin ich noch in der Testphase. Auf dem Motorrad mit der Regenkombi bekam ich letztens nasse Hosen. Lag aber an einem geknickten Klettverschluss in der Hüftgegend. Beim nächsten Mal hatte ich schon nur noch etwas nasse Füsse. Wird immer besser ;)
Fahrrad benutze ich auch wieder häufiger, seitdem ich kein Auto mehr habe. Ja, Radeln hat viele Vorteile.
Moin zusammen,
ich spiele mit dem Gedanken, ein autofreies (oder zumindest autoreduziertes) Leben zu führen. Ich kann mir so ziemlich alle Aktivitäten ohne Auto vorstellen, weil wir die Bushaltestelle nur 300 Meter vom Haus weg haben.
Aber: ich lebe in einem 100-Seelendorf nahe Overath, da fährt der Bus nur von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr und sonntags gar nicht. Zur Arbeit in Lüdenscheid (Autobahn etwa 110 km einfache Strecke) müsste ich abends um zehn den letzten Bus nehmen, um morgens um sieben im Büro zu sitzen, der Heimweg wäre etwas angenehmer und würde „nur“ vier Stunden dauern und wäre abends um neun zu Hause. Mit dem Auto brauche ich pro Strecke nur eine knappe Stunde.
Mein Partner arbeitet Schicht (noch dazu in die andere Richtung, nämlich Köln) und kann somit mit dem öffentlichen Nahverkehr auch nichts anfangen. Ergo: Er braucht sein eigenes Auto.
Übersehe ich irgendwas? Es soll nicht platt klingen, aber ich wüsste wirklich nicht, wie wir zur Arbeit kommen sollen, wenn wir nicht zwei Autos im Haushalt haben.
Hi Torsten,
Das muss natürlich jeder von Fall zu Fall selbst entscheiden. Ich musste täglich 30 km zur Arbeit. Und öffentliche Verkehrsmittel kamen bei meinen unorthodoxen Arbeitszeiten auch nicht in Frage. Ich verkaufte mein Auto und nutzte dann nur noch das Motorrad. Das kann im Winter in Deutschland jedoch ziemlich kalt werden.
Kommt natürlich auch immer darauf an, warum jemand auf sein Auto verzichten will. Wegen der Umwelt? Um Geld zu sparen? Wenn es bei dir mehr um die Umwelt geht, dann denkt doch mal über ein Elektroauto nach. Wenn es ums Kosten sparen geht, tut es vielleicht ein kleineres und ökonomischeres Fahrzeug für den Anfang. Schichtarbeit klingt ja auch nicht gerade verführerisch. Vielleicht lässt sich auch ein angenehmerer Job in näherer Umgebung finden. Wie auch immer. Ich wünsche euch viel Glück.
Immerhin ist die Bahnstrecke Overath – Lüdenscheid ab Dezember 2017 wieder in Betrieb und 2018 fährt dann nach weiterem Ausbau jede Stunde ein Zug. Nach Köln fährt der Zug im Berufsverkehr alle 30 Min. Da müßte es schon möglich sein mit einem Auto in der Familie auszukommen. Selbst Landeier, sind wir immer mit einem Auto klar gekommen. Meine Kinder (und Enkel) kommen in der Stadt bisher ohne Pkw klar. Da bin ich schon gespannt wie lange das mit Familie „ohne“ funktioniert.