- Wie du durch deine innere Haltung die Gesellschaft verändern kannst.
Inspiriert zu diesem Artikel wurde ich von einer Leserin, die seit einiger Zeit Zazen praktiziert und sich fragt:
Wie kann ich als Einzelner durch Zazen die Gesellschaft verändern und wie gehe ich damit um, dass mein individueller Einfluss vermutlich eher gering ist?
Diese Frage stellen sich nicht nur Leute, die Zazen praktizieren. Vielleicht (und hoffentlich) hat sich jeder schonmal gefragt, wie er Einfluss auf die Gesellschaft nehmen könnte, um sie nach seinem Wissen und Gewissen zu verbessern. In diesem Artikel werde ich darauf eingehen, wie man durch seine eigene innere Haltung – welche man aus dem Zazen in den Alltag überträgt – auf die Gesellschaft einwirken kann.
Inhalt
Die innere Haltung: Ein Grundelement des Zazen
Die Zen Meditation Zazen besteht aus folgenden 3 Grundelementen:
Nach der Meditation im Zazen übertragen wir die innere und äussere Haltung in unseren Alltag.
Es heisst:
Die richtige äussere Haltung beim Zazen entsteht ganz natürlich aus der korrekten Sitzposition. Die richtige innere Haltung entspringt ganz natürlich aus unserer Konzentration auf die äussere Haltung und unsere Atmung während der Meditation.
Leere zuerst deinen Geist
Leere deinen Geist. Werde formlos und gestaltlos wie Wasser. Wenn man Wasser in eine Tasse gießt, wird es zur Tasse. Gießt man Wasser in eine Flasche, wird es zur Flasche. Gießt man Wasser in eine Teekanne, wird es zur Teekanne. Sei Wasser, mein Freund. – Bruce Lee
Es heisst:
Zen ist immer nur Zazen. Ohne Zazen ist Zen nicht möglich.
Von Zen wird viel geredet. Automarken werden mit dem Begriff Zen aufgewertet, Restaurants schreiben sich diese drei Buchstaben über die Eingangstür. Zen begegnet uns überall. Zen klingt rein, klar und edel wie ein Diamant. Kein Wunder. Im Zen geht es schliesslich um den Begriff der Leere. Und was gibt es reineres als die Leere?
Zur Veranschaulichung eine Anekdote aus dem Rinzai-Zen
Ein Zenmeister aus dem Rinzai-Zen beauftragte einen Schüler, ihm den Ton des „Klatschens der einen Hand“ (Bekanntes Koan = typische „paradoxe“Anekdote aus dem Rinzai) zu erklären.
Der Schüler setzte sich in Zazen und meditierte eine halbe Stunde. Dabei konzentrierte er sich auf das Singen eines Vogels. Am nächsten Tag kam er zum Meister und sagte, dass er die Antwort wüsste. Der Ton des Klatschens der einen Hand sei der Ton eines singenden Vogels. Der Meister erwiderte, dass er weitersuchen solle, da das Singen des Vogels nicht der Ton des Klatschens der einen Hand sei.
Daraufhin setzte sich der Schüler einen halben Tag in Zazen und lauschte den Regentropfen, die draußen im Garten niedergingen. Er konzentrierte sich so stark, bis er deutlich das Klatschen der einen Hand aus den aufschlagenden Regentropfen heraushörte. Am nächsten Morgen ging er zum Meister mit der Gewissheit, dass er nun wüsste, was der Ton des Klatschens der einen Hand sei. Der Meister erwiderte, dass er noch etwas weitersuchen solle. Der Klang der Regentropfen sei nicht der Klang des Klatschens der einen Hand.
Enttäuscht verliess der Schüler den Meister und wusste nicht, wo er den Ton des Klatschens der einen Hand noch suchen sollte. Er setzte sich wieder in Zazen und hörte auf die singenden Vögel und den Regen. Er hörte auf seine Atmung und hörte wie sich die Blätter an den Bäumen im Wind bewegten. Das Geräusch seines Atems vermischte sich mit dem Gesang der Vögel und dem Regen. Er sass so vertieft, bis sich all seine Konzentration auf die ihn umgebenden Geräusche in einem einzigen Ton vermischte, welchen er aber nicht mehr wahrnahm.
So wie sich der Fokus der Augen bei der richtigen Blickhaltung auf unendlich stellt, so ging auch der akustische Fokus des Schülers ins Unendliche. Als der Schüler nach vielen Stunden im Zazen zum Lehrer kam, sagte er, dass er den Ton nicht beschreiben könne, den er wahrgenommen hat. Er konnte den Ton nicht festhalten. Und er konnte ihn auch nicht sehen oder hören. Er war sich aber trotzdem sicher, dass er ihn vernommen hatte.
Daraufhin erwiderte der Meister, dass er den Ton des Klatschens der einen Hand vernommen hätte.
Die Haltung aus dem Zazen übertragen wir in den Alltag
Durch Zazen leeren wir unseren Geist. Das ist wichtig, damit unsere Gedanken zur Ruhe kommen. Wir ordnen sie während der Meditation, indem wir sie nicht bewusst ordnen:
In der gleichen Weise wie ein verdreckter Tümpel sich selbst beruhigt, wenn er alleine gelassen wird, musst du wissen, wie du deinen Geist alleine lässt. – Alan Watts
Unsere Haltung aus dem Zazen übertragen wir in den Alltag. Die geistige Haltung, sowie die richtige Körperhaltung.
Die Körperhaltung:
Im Zazen heisst es:
Sitze in einer Haltung, die dir nicht die geringste Blösse gibt.
Diese starke Körperhaltung aus dem Zazen übertragen wir anschliessend in den Alltag.
Die geistige Haltung:
Den „aufgeräumten Kopf“ aus dem Zazen übertragen wir ebenfalls in den Alltag.
So bekommen wir Routine im Praktizieren:
Am besten ist es, Zazen als Teil der Morgenroutine jeden Morgen zu praktizieren. Ich setze mich meist nicht länger als 10 Minuten hin. Wenn du es jeden einzelnen Tag tust, manifestiert sich irgendwann die Körperhaltung und die geistige innere Haltung aus dem Zazen in all deinem Wirken.
So veränderst du durch deine Haltung die Gesellschaft
Du gehst jeden Tag ein Stück weiter auf deinem Weg. Jeden Morgen beginnst du proaktiv mit deiner Morgenroutine. Du pflegst Gewohnheiten. Du gewinnst Stärke aus deinem Wirken, welches auf geschlossenen Tätigkeitskreisen beruht. Falls andere an deinem Weg zweifeln, musst du selbst entscheiden, ob du nach eigenen ethischen Massstäben deinen gewählten Weg vor dir selbst rechtfertigen kannst. Kannst du es, dann bewegst du dich in die richtige Richtung.
Wenn du deine Wurzeln kennst und weisst, dass sie dir auch im grössten Sturm genug Halt bieten, wirst du dir den Luxus des Selbstzweifels zugunsten eines bequemen und von den Entscheidungen anderer abhängenden Lebens nicht gönnen. Im Innersten wirst du es spüren, ob du richtig liegst. Wenn du genug Ausdauer, Willenskraft und Courage besitzt, wirst du deine eigenen Werte auf Dauer in die Gesellschaft einbringen.
Wenn du wirklich etwas verändern willst, dann wirst du deine Werte mit jeder Zelle deines Körpers repräsentieren. Andere nehmen das wahr und werden sich vielleicht daran orientieren. Sie werden deine Überzeugung wahrnehmen und die von dir vorgelebten Werte anerkennen. Allein durch deine äussere und innere Haltung wirst du die Gesellschaft verändern. Zwar nur im Kleinen aber dafür sehr individuell.
Hallo, hervorragender Artikel. Der Artikel hat eine sehr gute Thematik und ist einfach und verständlich.
Hervorragend!